Novaliskomplex


Der Novaliskomplex beschreibt das Feuer als erotisches Symbol. Der Begriff geht dabei auf Gaston Bachelard zurück, der seine zahlreichen Beobachtungen als Komplexe beschreibt, wobei diese in der tiefenpsychologischen Betrachtung als Bündelung von Energien und somit positiv zu verstehen sind. An dem Zusammenhang von Feuer und Sexualität wird in der Psychologie übrigens schon seit mehr als 30 Jahren geforscht. So schrieb Ernst Ell (1983), dass "Arbeiten über die Triebdynamik (...) auf dem Prinzip (gründen): Feuer = Sexualität" (S. 37). Und in der Tat gibt es hierzu eindeutige Belege.

 

„Wenn eine innere Beziehung besteht zwischen Brandstiftung und Sexualität - und sie ist in vielen Fällen nachweisbar -, dann sicher auch zwischen Feuer allgemein und Sexualität.“ (Ell, 1983, S. 38)

Die Beziehung zwischen Brandstiftung und Sexualität wird auch in einem Lehr- und Studienbrief Kriminalistik der Polizei behandelt. Darin heißt es:

 

"1985 kam es zu einer Serie von Bränden in einer Gartenkolonie. (...) Nachdem der Täter gefasst war, gab er an, die Brände aus sexuellen Gründen in den Lauben gelegt zu haben. Beim Legen des Feuers sei es bei ihm zu einer sexuellen Entspannung gekommen" (Holzmann, 2008, S. 115).

 

Diese Vorfälle bedeuten zwar nicht, dass jeder, der sexuelle Erregung im Kontext Feuer verspürt, ein Brandstifter ist oder wird, aber sie belegen zusätzlich, dass Feuer und Sexualität enger miteinander verwoben sind, als dies auf den ersten Eindruck den Anschein hat. Auch auf unsere heutige Gesellschaft hat dieser Komplex eine Auswirkung. Dies wird durch folgendes Zitat deutlich:

 

„Wie vor dem Feuer wollen daher viele Eltern ihre Kinder vor der Sexualität bewahren. (...) Jeder Kampf gegen die sexuellen Triebe im Kinde muss daher notwendigerweise durch den Kampf gegen das Feuer symbolisiert werden: zum einen, weil der Besitz des Feuers das Kind zum (psychisch) Erwachsenen macht, der das Recht auf ein Sexualleben in Anspruch nehmen kann; zum anderen, weil vom Feuer auf das Kind eine allgemein und darum auch sexuell erregende Wirkung ausgeht, welche "die Unschuld des Kindes" gefährdet. Die "bewahrende Sexualerziehung" und die "bewahrende Feuererziehung" gehen daher bei vielen Eltern Hand in Hand.“ (Ell, 1983, S. 42)

 

Abb. Flammen
Abb. Flammen
Abb. Feuer (2)
Abb. Feuer (2)


Kindern wird eine Sexualität ebenso wenig zugestanden, wie der Umgang mit Feuer. Beides sind Bereiche, durch die Erwachsene nur zu gerne ihre Macht demonstrieren. Um diese Macht nicht zu verlieren, müssen beide Bereiche dem Kind vorenthalten werden. Es gilt daher, dass „wer (...) ein vollwertiger Mensch sein will, der muß zugleich um das Recht auf Feuer wie um das Recht auf Sexualität kämpfen“ (Ell 1983, S. 43).

 

Sexuelle Erregung im Kontext Feuer ist ein Phänomen, das immer wieder beobachtet werden kann. Mit dem Blick auf die Evolution sogar durchaus nachvollziehbar. Dies hat im Übrigen auch nichts damit zu tun, ob ein Mensch psychisch krank ist, wie im Fall der Pyromanie. Auch auf andere Personen kann Feuer eine sehr erregende Wirkung haben, wie der Gerichtspsychiater Dr. med. Stefan Sutarski in einem MDR-Bericht 2012 formuliert:

 

"Dann hat ja für jeden von uns, da muss man kein Pyromane sein, das Feuer anzünden und das Beobachten eine gewisse Faszination und das kann dann natürlich auch eine anregende Wirkung haben, bin hin, in Ausnahmefällen, auch zu einer psychosexuellen Stimulierung."

 

Eine sexuelle Erregung beim Anblick von Feuer wird als Pyrolagnie bezeichnet. Wie viele Menschen tatsächlich von einer solchen Prägung betroffen sind, ist dem Autor nicht bekannt. Wer mehr über den Novaliskomplex erfahren möchte, dem sei an dieser Stelle das Buch "Psychoanalyse des Feuers" von Gaston Bachelard empfohlen.


Tradition ist nicht die Aufbewahrung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.

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