Empedokleskomplex


Empedokles war ein italienischer Arzt und Philosoph, der auf Sizilien etwa um die Zeit von 490 bis 430 v. Chr. lebte. Er erklärte die Welt aus Wechselwirkungen der vier Elemente Luft, Erde, Wasser und Feuer. Insbesondere das Feuer hatte es ihm angetan. Ernst Ell (1983) berichtet, dass er das Feuer geliebt habe und das er auch im Feuer des Ätna seinen Tod gesucht und gefunden habe. Nach ihm ist der sogenannte Empedokleskomplex benannt, der sich mit dem Feuer und der Träumerei befasst.

 

Abb. Romantisches Lagerfeuer
Abb. Romantisches Lagerfeuer

Und in der Tat bietet das Element auch heute eine gute Gelegenheit zum Träumen. Gemütlich am Lagerfeuer sitzen, den Blick in die Flammen gerichtet und plötzlich treibt man dahin in seinen Gedanken. Wer diese Träumerei noch nicht erlebt hat, wird sie nicht nachvollziehen können. Dabei lohnt sich dieser Blick ins Feuer, denn „für den Menschen war ohne Zweifel das von einem Herd umschlossene Feuer der erste Gegenstand der Träumerei, das Symbol der Ruhe, die Einladung zur Rast“ (Bachelard,1985, S.22). Sich im Feuer zu verlieren, Ruhe und Kraft zu tanken ist auch das Ziel von unterschiedlichen Feuerübungen und Meditationen. „Eine Philosophie der Ruhe lässt sich schwerlich vorstellen ohne Träumerei vor einem flackernden Holzfeuer“ (Bachelard, 1985, S. 22).

 

„Wo immer wir dem Feuer begegnen, können wir uns seiner Wirkkraft nicht entziehen“ schreib Gisela Rieß (1986, S. 13) über die Symbolik des Feuers. Dies gilt natürlich im positiven wie im negativen, wie häufig die vielen Schaulustigen bei Brandeinsätzen der Feuerwehr beweisen. Auch jährliche Traditionen, wie das Osterfeuer, ziehen wie magisch die Besucher an. Die Faszination des Feuers liegt dabei gleichzeitig in seiner Ambivalenz. Es kann genauso vernichten und Tod bringen, wie es wärmen und Leben spenden kann. Dies hat es mit dem Mensch gemein, der ebenfalls häufig einen Widerspruch in seinem Wesen trägt. Obwohl er im Stande ist, Gutes zu bewirken, schädigt der Mensch häufig sich selbst oder seine Mitmenschen. Mit Hilfe des Feuers mochte man sich reinigen.

 

Abb. Sprung über Feuer
Abb. Sprung über Feuer

So wie das Feuer in der Landwirtschaft die Felder reinigt, für einige Zeit die Mikroorganismen im Boden vertreibt und einen gereinigten Platz zurück lässt, auf dem exotische Arten prächtig gedeihen können, wie bereits in der Geschichte des Feuers in Bezug auf den Menschen zu lesen war, so möchte sich auch der Mensch durch Feuerriten reinigen. Dazu nutzt man den Sprung über das Feuer oder verfällt im Anblick der Flammen einem tranceähnlichen Zustand, innerhalb dessen das Feuer wie magisch Besitz von ihnen ergreift. „Vor dem Feuer nicht in Träumerei zu verfallen, heißt uns daher, die wahrhaft menschliche und ursprüngliche Bedeutung des Feuers zu vergessen“ (Bachelard, 1985, S. 22).

 

In seinem Werkt zur Psychoanalyse des Feuers schreibt Bachelard weiter, dass „der faszinierte Träumer (...) den Ruf der Flammen (hört). Für ihn ist die Zerstörung dann mehr als eine Veränderung, sie wird zur Erneuerung" (S. 25). Dies ist auch das Ziel der Reinigungsriten. Durch den Sprung über das Feuer soll das Böse und Negative verbrennen, sodass nur das Gute und Positive zurückbleibt. Feuer verdeutet Veränderung und Wandlung. Was es berührt, verändert sich. So kann auch über die Meditation mit Hilfe des Feuers neue Kraft getankt und ein Neuanfang, wie der Phönix aus der Asche, gestartet werden. „Diese ganz eigentümliche und dennoch ganz allgemeine Träumerei erzeugt einen regelrechten Komplex, in dem sich Liebe zum Feuer und Ehrfurcht vor dem Feuer, Lebenstrieb und Todestrieb verbinden. Kurz gesagt könnte man ihn den Empedokleskomplex nennen.“ (Bachelard, 1985, S. 25).

Tradition ist nicht die Aufbewahrung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.

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